2002 mercedes SL500 Silver Arrow
2002 mercedes SL500 Silver Arrow
Seit 2011 besitze ich einen SL320 Bj.96 Mopf1. Über die Jahre bin ich etwa 22000km gefahren und habe ihn auf diversen R129 SL-Club Veranstaltungen gehegt und gepflegt und viele gemeinsame Ausfahrten mitgemacht.
Nun standen noch eine paar technische Auffrischungen an mit Stoßdämpfer erneuern und beseitigen von geringen Ölausschwitzen am Zylinderkopf/Stirndeckel.
Beim kalkulieren der Kosten habe ich mal ein wenig quergedacht und bin im letzten Winter 16/17 beim surfen durch die verschiedenen R129 Foren auf die Idee gekommen, wie es wohl wäre wenn ich noch mal auf einen SL500 upgraden würde. Da ich seit Jahren auch die Preise der üblichen R129 Händler verfolge kamen für mich eigentlich nur Sondermodelle oder ein Designo in Frage. Ich erinnerte mich das 2011, als ich meinen suchte, z.B. ein Final Edition etwa 25000€ kostete und heute dafür um die 35-40000€ aufgerufen werden. Gesagt getan, doch zunächst bin ich über einen SL320 Designo-Orange gestoßen, ein schrilles Teil, hatte mich sofort verliebt und laut SL-Club Kaufberatung so nur 3x ausgeliefert. Tja, ich hatte wohl einen kurzen Moment zulange nachgedacht...und schon war er weg, schade.
In letzter Zeit tauchten ab und an auch ein paar Silver-Arrow´s auf, für mich das schönste Sondermodell der R129 Baureihe. Diese waren zwar meistens auch gut im Zustand, aber die Preise von ca. 30-35000€ die aufgerufen werden bewegen sich außerhalb dem was ich bereit bin zu investieren, muss mich ja auch mit meiner Familie abstimmen. Ein frisch importierter, verzollt aber noch ohne deutsche Zulassung, ging innerhalb von Tagen für 19000€ weg.
Angeregt durch diverse USA-Import-Threads in den 3 großen R129-Foren habe ich meine Internet Suche mal auf die USA ausgeweitet, und siehe da, es gibt sie doch, die noch nicht preislich übersteigerten Angebote. Es gibt verschiedene Portale, z.B. Autotrader.com, Hemmings.com oder auch ebay.com um sich einen Überblick zu verschaffen. Sicher muss man einen Autokauf, oder besser gesagt überhaupt den Gebraucht-wagenmarkt in den USA, mit anderen Augen sehen als hier in Deutschland, aber dazu später mehr. Und neben im Regelfall deutlich mehr bereitgestellten Fotos´s als hier hilft einem eine Carfax Abfrage schon mal ungemein um den Zustand abzuschätzen. Dort sind Anzahl der Vorbesitzer, die KM Historie und auch Reparaturen incl. Unfälle und Totalschäden sowie die Service Eintrage gut dokumentiert, sicher nicht 100% verlässlich aber immerhin schon mal ein sehr guter Anhalt. Meistens stellen die Händler diesen kostenfrei bereit, ansonsten kostet eine Einzelabfrage 38€. Und dann müssen auch die umfangreichen Nebenkosten bedacht werden mit Transport in den USA vom Händler oder Privat zum Hafen, Handling im US-Hafen, Verschiffung, Versicherung, Zoll, Einfuhrsteuer, Handling in Bremerhaven und Transport in Deutschland, und dann nicht zu vernachlässigen die Homologation, sprich umrüsten für deutschen TÜV, Herstellerbescheinigung und Beantragung der Zulassung.
Im März war ich dann fündig geworden. Bei einem BMW Händler in Los Angeles,CA stand einer mit 62000 Mi, 15900$, das passte. Leider musste ich feststellen das Händler in den USA leider anders ticken als hier in Deutschland.
Da mein Englisch nicht ganz so toll ist, ich komme im Urlaub recht gut zurecht, aber für ein telefonisches Verkaufsgespräch reicht es nicht. Also per email...tja, das ist nur leider nicht das Medium das die Händler bevorzugen. Ich habe eine, max. zwei Antworten auf meine Fragen bekommen, ansonsten wird sofort auf das telefonieren oder am besten vorbeikommen verwiesen. So schnell wie der SL beim BMW Händler auftauchte war er auch schon wieder weg...ok, das war meine erste Erfahrung. Ich habe mir dann für künftige Mails die entsprechenden US Fachbegriffe gesammelt damit ich die emails so kurz und knackig wie möglich schreiben konnte.
Der nächste stand in Orlando,FL. 82600 Mi, 15000$. Wieder ein Händler, diesmal ein freier. Nach erster Mail, die auch prompt erwidert wurde, waren wir uns relativ schnell einig. Und nun habe ich wahrscheinlich den Fehler gemacht, das ich kurz vor Vertragsunterschrift noch versucht habe den Preis etwas zu drücken, sehr maßvoll, aber offensichtlich war das nicht die richtige Strategie. So, ich musste meine Strategie nun ändern und habe Kontakt mit einem Importeur in Deutschland aufgenommen um hoffentlich noch etwas zu retten.
Mir war wichtig dass die auch einen Zweigbetrieb in den USA haben und in den gängigen US Händler-Verbänden organisiert sind, das erhöht die Akzeptanz bei US-Händlern erheblich. Außerdem sollten sie eine Komplett Abwicklung incl. Verhandlungen mit den US Händlern und einen Treuhandservice anbieten. Ich habe mich für BerlinMotors aus Berlin entschieden die schon lange am Markt sind und recht gute Bewertungen haben. Jetzt konnte ich mich erstmal zurücklehnen, der Preis für die Dienstleistung von 500$ war es mir wert. Die Jungs haben dann auch sofort losgelegt und wurden auch mit dem Händler einig. Also habe ich das Geld auf das Konto von BerlinMotors in den USA überwiesen, im Zuge dessen habe ich nicht schlecht über die Bankgebühren hier in Deutschland und auch in den USA gestaunt.
Doch leider kam aus mir nicht erfindlichen Gründen auch dieser Deal nicht zustande, der Händler hat sich auf einmal tot gestellt, warum weiß ich bis heute nicht, vielleicht hatte er einen Käufer vor Ort der das Geld auf den Tisch gelegt hat. Das ist z.B. auch so eine Besonderheit, man kann im Regelfall nicht reservieren oder anzahlen und wenn dann jemand vor Ort mit dem Geldbündel vorbeikommt ist das Fahrzeug weg, egal was vorher abgesprochen war. Die Jungs von BerlinMotors haben es auch nicht abschließend herausbekommen. Das hat mich schon geärgert, zeigt aber auch das ein zugesagter Verkauf offensichtlich in den USA nicht so streng genommen wird wie hier.
Nun hatte ich keine Alternativ Angebote mehr und habe mich entschlossen erstmal einen Break zu machen. Also Geld zurück überweisen...nun kommt der Haken. Neben den erneuten Bankgebühren habe ich die Währungsschwankungen nicht bedacht, zwischenzeitlich war der Euro/Dollar Kurs zu meinen Ungunsten gekippt...schwupp war ich zusammen fast 500€ los...
Ich habe dann zwar weiter im Internet geschaut, war aber noch bedient von dem Geldverlust. Na ja und der Sommer kam näher und mein SL hat mir wieder viel Freude bereitet.
Im Juli fand ich dann wieder einen interessanten im Portal von Autotrader.com bei einem Chevrolet Händler in Benton, AR. 78000 Mi, 11900$. Zwar mit optischen Mängeln und die Original Felgen waren auch nicht dabei, dafür aber AMG Felgen vom R230. Diese hätte ich hier verkauft und mir dafür die originalen BBS besorgt...wenn man mal welche findet. Soweit so gut, jetzt könnte man die vorherige Story wiederholen. Auch hier waren wir, also BerlinMotors, mit dem Händler einig, Geld wurde wieder auf das Konto von BerlinMotors überwiesen, Gebühren abgezogen...und auch hier wieder auf einmal Stillstand...Deal geplatzt...
Ich wollte schon erneut aufgeben, habe dann aber bei ebay.com über einen freien Händler meinen jetzigen gefunden, einer der letzten die gebaut wurden. Preislich noch einmal ein Stück unter dem vorigen, aber mit 110000 Mi...egal...ist ein 8 Zylinder...Stoßdämpfer, komplette Bremsanlage und wahrscheinlich Achsteile werden sowieso erneuert. Der Preis war so interessant, insbesondere weil sich ja auch alle weiteren Kosten wie Eingangs erwähnt (Zoll, Versicherung, Einfuhrsteuer) so niedriger ausfallen. Da das Geld ja noch auf dem Konto in der USA lag haben die Jungs von BerlinMotors nach Freigabe von mir per email den „Sofort-Kauf Button“ geklickt...und schon war er 3-2-1-meiner... Auch in den USA ist ein Sofort-Kauf rechtsverbindlich. Der überzahlte Geldbetrag wurde nach Übermittlung der Kontodaten abzüglich der Gebühren zurück überwiesen.
Ab jetzt wird es wirklich spannend, das war schon ein komisches Gefühl...ein Blindkauf ohne das Fahrzeug vorher live gesehen zu haben...das birgt sicherlich ein gewisses Risiko, ängstlich darf man dabei nicht sein. Egal, jetzt war der Knopf gedrückt. Ich wusste von den etwa 100 Fotos die der Händler online gestellt hatte, das dass Fahrzeug schon seine Schwachstellen hat aber eigentlich ganz gut da stand. Der californischen Hitze ist z.B. eine völlig zerbröselte Motorhauben Dämmmatte geschuldet, und auch das Leder, insbesondere das Lenkrad durch wahrscheinlich jahrelange Sonnencreme an den Händen, angegriffen ist. Aber das sind alles nur Äußerlichkeiten. Technisch muss ich natürlich auch hoffen dass keine allzu großen Überraschungen folgen...Händler schreibt immerhin „well maintained car , SL runs and drives well“. Und wie es der Zufall so will habe ich 3 Tage später noch einen interessanten gefunden, fast identische Daten, und diesen einem SL-Club-Kameraden zugeführt...und was soll ich sagen...der Kauf hat auch geklappt.
Aber jetzt zurück zu meinem, unter dem Strich habe ich dank des sehr günstigen Kaufpreises soviel Luft, das ich den Silver Arrow wieder herrichten kann, geplant ist eine Leder Auffrischung im Lederzentrum Göttingen, Lenkrad neu beziehen, Felgenringe überarbeiten, ggf. Chromteile austauschen, Lack aufbereiten. Bzgl. Motor muss ich erstmal eine Bestands-aufnahme machen. Dank der Tipps aus den R129 Foren habe ich schon ein paar Originalteile mit 20% Rabatt besorgt wie z.B. Bremsscheiben, zudem werden Stahlflex Bremsleitungen umgerüstet.
Aber dafür muss er erstmal hier sein. Gekauft wurde er am 12.08., abgeholt beim Händler am 25.08. und angeliefert am Terminal des Verschiffungs-Spediteur CFR-Rinkens in Los Angeles. Fotos wurden dann am 30.08. über BerlinMotors auf deren Facebook-Seite bereitgestellt. Jetzt hieß es weiter warten warten warten und sich in Geduld üben. Am 14.09. wurde der SA dann in den Container verladen und ich erhielt eine Trackingnummer für den Container über die Reederei MSC. Das Schiffchen sollte also MSC CATERINA heißen...gebaut 2015, 300m lang, 48m breit...ganz schön groß. Am 18.09. war es dann soweit, der Container wurde verladen und am 19.09. ging es dann los...nächster Stopp Manzanillo/Mexiko...dann weiter entlang der Küste. Ausgerechnet jetzt gibt es dort ein starkes Erdbeben...und zu allem Überfluß jagte ein Hurricane den anderen in der Karibik, erst Harvey, dann Irma, der der stärkste Hurricane seit Jahren werden sollte. Nächster Stopp war dann am 28.09. Balboa am Eingang des Panama-Kanals. Weiter dann die Kanalpassage und am 30.09. auf der anderen Seite in Cristobal angelegt. Dort wurde der Container dann entladen weil die MSC CATERINA nun nach Barcelona und Italien weiterfuhr. Der Container musste nun bis zum 10.10. im Freihafen auf das nachfolgende Schiff, die MSC ANZU, warten. Dieses kam aus Argentinien und Peru und hat dann am 10.10. den Silver Arrow in Cristobal aufgenommen. Und nun ging es am 11.10. los, der Atlantik musste überquert werden...am 18.10. die Azoren passiert...oh ne...ausgerechnet jetzt zieht ein Orkan auf in Richtung GB/Irland...Wellenhöhe bis 9m. Ok, dann wird der SL wohl auf den letzten Metern noch ordentlich geschaukelt. Nächster Halt am 22.10. in Antwerpen. Die Ankunft in Bremerhaven bleibt für den 25.10. terminiert, endlich, nach 38 Tagen im Container. Zwischenzeitlich kam die Rechnung von BerlinMotors für das Handling des Container im Hafen, die Zollabfertigung, Einfuhrsteuer, und Transport zu mir nach Hause. Dies muss zügig bezahlt werden, sonst gibt es keine Zollunbedenklichkeitsbescheinigung...und kein Fahrzeug. Entladen wurde der Container am 27.10., die Containerfreigabe erfolgte am 30.10. und dann wurde der SL noch am selben Tag zu CFR-Carshippers in Bremen verbracht und entladen. Jetzt kommen noch die ganzen Formalitäten mit dem Zoll, ich habe die ganze Abwicklung wie gesagt von BerlinMotors machen lassen. Am 03.11. hatte ich noch mal BerlinMotors kontaktiert und erfahren das die Zollfreigabe soeben erfolgt ist und der Transport nach Wolfenbüttel durch einen Spediteur an die Mercedes Partner Werkstatt des R129SL-Club unseres RT Wolfenbüttel für den 06.11. terminiert wurde, 55 Tage nach dem Kauf. Als erstes lasse ich mit der StarDiagnose einen umfangreichen Systemcheck machen damit ich bzgl. möglicher Fehler weiß wo ich stehe und lasse die Klimaanlage wieder neu befüllen. Außerdem muss die Herstellerbescheinigung auch noch besorgt werden, das können die dann auch gleich machen.
Am 06.11.2017 war es nun soweit, leider schon im dunkeln...aber da stand „er“ nun auf dem Autotransporter. Nun habe ich ihn also das erste mal live gesehen...der erste Eindruck war schon mal deutlich besser als erwartet.
Ich möchte gerne meine Erfahrungen mit euch teilen und dabei darauf hinweisen das die folgenden Ausführungen meine ganz eigenen Erfahrungen sind und keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben.